Es gibt etliche Methoden und Formulierungen, welche ein Zeugnis zu einem Schlechten machen. Diese zu erklären, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Einige Dinge lassen sich aber schnell erklären: Prüfe dein Zeugnis nach dem Erhalt auf Rechtschreibung und ob deine Tätigkeitsbeschreibungen vollständig sind. Sobald dir ein Rechtschreibfehler auffällt, dein Name falsch geschrieben ist oder Tätigkeiten, welche du in deinem alten Job ausgeführt hast fehlen, dann zögere nicht. Erstelle eine Liste mit den gewünschten Veränderungen für deinen alten Arbeitgeber und bitte um ein neues Arbeitszeugnis.
Nach §109 der GewO hat jeder Arbeitnehmer ein Recht auf ein Arbeitszeugnis. Also fordere es schon früh bei deinem Arbeitgeber an, um dich damit bewerben zu können. Denn „kein Arbeitszeugnis“ ist immer ein schlechtes Arbeitszeugnis.
Des Weiteren überfliege den bewertenden Text und suche nach starken, einschränkenden Signalen für den Leser. Das heißt für dich, nach den klassischen Phrasen wie „er war stets bemüht …“ und „im Großen und Ganzen …“ Ausschau zu halten. Im Normalfall sollten diese Floskeln nicht vorkommen, da die Unternehmen meist einen Rechtsstreit um das Arbeitszeugnis vermeiden wollen. Falls es doch mal vorkommen sollte, gehe als erstes auf deinen Arbeitgeber zu, bevor du den Weg zum Anwalt einschlägst. Auch hier können im Unternehmen Fehler passieren. Besonders wenn ein Zeugnisgenerator verwendet und dann unbeabsichtigt eine falsche Note ausgewählt wurde. Oder der Verfasser hatte gar keine böse Absicht und ihm fehlt vielleicht nur das nötige Wissen über die Formulierungen im Arbeitszeugnis. Meistens kann man die Defizite des Zeugnisses so ohne Schwierigkeiten beheben. Der Arbeitgeber wird froh sein, dass du es direkt besprichst, bevor der Anwalt eingeschaltet wird.
Sollte dein Arbeitgeber doch auf die negativen Formulierungen bestehen, kann eine anwaltliche Beratung sinnvoll sein. Große Erfolgschancen hast du, wenn die Noten in den Formulierungen schlechter als die zu erwartende Durchschnittsnote – also befriedigend – ausgefallen sind. In diesem Fall ist der Arbeitgeber in der Beweispflicht, die schlechtere Note zu begründen. Wenn du denkst, dass du eine gute bis sehr gute Benotung verdient hast, bist du hingegen in der Beweispflicht.
Viele wertende Aussagen sind aber leider nicht so leicht zu erkennen. Achte zum Beispiel darauf, dass vorausgesetzte Eigenschaften wie Pünktlichkeit nicht zu hoch gelobt werden. Andersherum sollten berufsspezifische Eigenschaften nicht fehlen. Das kann im Extremfall dann so aussehen: „Er war zwar pünktlich, aber das war es dann auch schon.“
Dazu kommen noch einige andere Techniken, welche Abwertungen enthalten könnten. Auch hier ist es aber wichtig, nicht sofort in Paranoia zu verfallen. Man muss nicht immer gleich davon ausgehen, dass sich dein Vorgesetzter oder der Personalverantwortliche im Unternehmen die Mühe machte, „geheime Botschaften“ zu verstecken. Und wenn es doch passiert, war es vielleicht noch nicht einmal mit Absicht. Abgesehen davon bedeutet das noch lange nicht, dass der neue Arbeitgeber dein Zeugnis so gründlich liest, um solche kleinen Techniken für sich zu erkennen.
Andersherum kann es sogar passieren, dass Botschaften mit negativen Absichten in einer positiven Sicht gelesen werden. Nehmen wir wieder das Beispiel mit der übermäßigen Betonung der Pünktlichkeit des Mitarbeiters. Der Zeugnisschreiber wollte vielleicht negativ darauf hinweisen, dass nur diese eine Fähigkeit erwähnenswert sei. Wenn aber der Zeugnisleser am anderen Ende eine andere „Zeugnissprache“ spricht bzw. liest, entsteht auch ein anderer Kontext. Dieser legt dann z.B. großen Wert auf Pünktlichkeit und ist der Auffassung, dass es eine wichtige und positive Eigenschaft ist. So oder so ähnlich passiert es immer wieder beim Überfliegen von Arbeitszeugnissen.
Auch daher verliert das Arbeitszeugnis an sich zunehmend an Bedeutung. Die Kombination aus Zeugnisgeneratoren und der Angst für schlechte Noten im Zeugnis verklagt zu werden, sorgt für eine weitläufige Einheitlichkeit und einer Positiv-Inflation bei den Bewertungen. Dadurch ergibt sich die Frage, inwieweit Zeugnisse noch von Nöten sind? Wenn es nicht nach §630 BGB die Pflicht zur Zeugniserstellung geben würde, hätten vielleicht schon viele Unternehmen dieses „Ritual“ abgeschafft. Schade, da es eigentlich ein sehr nützliches Instrument für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sein könnte. Letztendlich ist diese Entwicklung gut für den, der ein schlechtes Zeugnis bekommen hat: Es steigt die Wahrscheinlichkeit, dass nur das Vorhandensein des Zeugnisses geprüft wird, nicht aber dessen Inhalt.
Wenn du dein Zeugnis mal schnell kostenlos prüfen lassen willst, kannst du das z.B. auf arbeitszeugnis.io machen. Einfach hochladen und kostenlos analysieren lassen.